Zunächst erscheint es dem Leser einer Fernsehzeitschrift paradox: ausgerechnet in Zeiten, in denen man allenthalben hört, dass ein großer Teil der Bevölkerung übergewichtig durchs Leben geht, sind täglich Kochsendungen im Fernsehen zu sehen. Durchleuchtet man die Gründe für die “zunehmende” Fettleibigkeit hierzulande, wird aber schnell klar, dass gerade das Selbst-Kochen stark rückläufig war. Fast-Food und Fertiggerichte haben die deutschen Küchen erobert. Es wurde Zeit, dagegen etwas zu unternehmen.
Nachdem in den Anfangsjahren des Fernsehens ein gewisser Clemens Wilmenroth als erster Fernsehkoch agierte und - in damals noch sehr schlichter Manier - den kochenden Hausfrauen neue Rezepte nahe brachte, sind es heute die agilen “jungen Wilden”, die vor allem auch die immer häufiger kochenden Männer vor die Bildschirme ziehen. So, wie auch in den Supermärkten ein weitaus vielfältigeres Sortiment anzutreffen ist, als zu den Zeiten des Schwarz-weiß-Fernsehens, so überträgt sich die Vielfalt auch auf das Spektrum der heutigen Medienstars in weißer Schürze. Da gibt es den jungen Wilden aus England, der am Samstag-Vormittag für seine Freunde kocht, leider durch eine wirre Kameraführung oftmals schwer zu verfolgen, da gibt es den ruhigen Gegenpol mit dem Altmeister der deutschen Fernsehküche, Alfred Biolek, der stets von einem “Prominenten” begleitet, in der eigens für ihn (und von ihm) entworfenen Küche excellente kulinarische Köstlichkeiten zaubert.
Ihn findet man in den dritten Programmen, insofern gehören die öffentlich-rechtlichen Sender in diesem Falle nämlich nicht zu den Trittbrettfahrern, sondern sorgen seit vielen Jahren, nicht zuletzt auch mit einem -inzwischen - älteren Ehepaar in seiner Kreativ-Küche, für lukullische Vorbilder.
Meist geht es schon in den Morgen-Magazinen der verschiedenen Sender damit los, dass ein Studio-Koch sein “Rezept des Tages” vorkocht. Am Nachmittag geht es dann mit regionalen Sendungen weiter, die besonders häufig aus dem süddeutschen Raum kommen und von gutbürgerlich bis zur Gourmet-Küche nahezu alles bieten. Und wenn wir über Kochsendungen sprechen, so müssen wir natürlich auch den täglichen Wettbewerb um das “Perfekte Dinner” einbeziehen, eine Sendung, in der jeden Tag Laien für Laien kochen und versuchen, die absolute Perfektion für ein gelungenes Essen mit Freunden zuzubereiten. Inzwischen gibt es gar ganze Abend-Shows, die von den neuen Koryphäen der deutschen Küche bestritten werden. Allen voran Tim Mälzer aus Hamburg, der nach mehreren Jahren mit einer täglichen Koch-Show nun ins Abendprogramm überwechselte. Hier tritt er, gemeinsam mit zwei Laien-Teams vor großem Publikum an und vermittelt vor der Kamera sein Wissen und seine Fertigkeiten auf launige, sehr unterhaltsame Weise. Wem all dies noch nicht reicht, der hat am Freitag, zu später Stunde die Möglichkeit - wieder öffentlich-rechtlich, einem ganzen Kreis erlesener Sterne-Köche und Gourmet-Päpste zuzusehen, die ebenfalls vor Publikum ein mehrgängiges Menü zubereiten. Hier lohnt es, genau aufzupassen, denn sowohl Zutaten, als auch Kompositionen sind oft zunächst exotisch anmutend, stellen sich dann aber als äußerst gelungene Zusammenstellung heraus. Die Idee entstand während einer der zahlreichen abendlichen Talkshows und hat sich inzwischen zu einer Quoten-trächtigen Spät-Sendung gemausert.
Allen Sendungen gemein ist, dass sie Appetit machen. Nicht nur auf die teils erstaunlichen, teils fremdartigen Köstlichkeiten, die da von kundiger Hand zubereitet werden, sondern auch aufs Nachkochen, Ausprobieren und Selbermachen. Schön, dass dabei auf frische Zutaten, ausgewogene Komposition und fantasievolle Kreationen so viel Wert gelegt wird, denn das ist genau die Art und Weise, wie man von der etwas ignorant anmutenden Ernährung mit vorgefertigten Speisen aus der Fabrik loskommt. Das ist nicht nur für das Körpergewicht ein “gewichtiger” Aspekt, sondern auch für die Versorgung des gesamten Organismus mit Vitaminen und Mineralstoffen.