Rezepte

Kaum eine andere Überlieferung erzählt uns soviel über den Charakter eines Zeitalters wie ein Kochbuch. Kochbücher sind bebilderte Zeitgeschichte. Die ältesten uns bekannten Kochrezepte stammen aus Indien und sind cirka 3500 Jahre alt. Auch aus dem alten Ägypten sind etwa 2000 Jahre alte Kochrezepte überliefert, die auf Papyrus geschrieben wurden. In Europa ist das Kochbuch des Apicius eines der ältesten überlieferten Kochbücher. Es stammt vermutlich aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. und wurde immer wieder nachbearbeitet und ergänzt. Hierin finden sich auch Rezepte, die von Apicius selbst geschrieben wurden. In Deutschland wurden Rezepte erst seit dem Mittelalter aufgeschrieben. Dies taten in erster Linie Mönche, denn sie waren gebildet und des Schreibens mächtig. Die Klöster waren reich und es mangelte nicht an Zutaten. Mönche besaßen umfangreiche Kenntnisse über die Wirkung von Pflanzen, aber auch bei Hof sammelten Köche ihr Wissen. Die älteste Sammlung deutschsprachiger Kochrezepte, Die “Würzburger Pergamenthandschrift”, stammt aus dem 14. Jahrhundert und stellt den Anfang der Kochbuch-Geschichte dar und steht in der Münchner Universitätsbibliothek. Man erfährt aus ihr viel mehr als nur etwas über Ess- und Trinkgewohnheiten unserer Vorfahren. Die “Küchenmaisterey” wurde im 15. Jahrhundert gedruckt und “Das Buch von der guten Speise” entstand um die gleiche Zeit. Handschriften und Folianten erzählen zwar viel über Koch- und Essgewohnheiten, sie sind aber eher ein Bild der damaligen Sitten und Gebräuche. Sie berichten indirekt über das Leben an Klöstern und am königlichen Hof, aber auch das der Land- und Stadtbevölkerung.

Kochbücher aus dem Mittelalter sind keine Rezeptsammlungen im heutigen Sinn, sondern Kataloge von Merkblättern für Eingeweihte, die auch bestimmen durften, was an den unterschiedlichen Tagen gegessen wurde. Es handelt sich um Erfahrungen des jeweiligen Kochs, die er für den eigenen Gebrauch notiert hatte. Sie waren nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt. Häufig sind sie auch in einer sehr humorvollen Sprache verfasst. Meist lesen sich die Anleitungen klar, fast wissenschaftlich. Karl der Große ließ eine Anweisung zum Betrieb von Mustergütern schreiben. Sie beschreibt, dass damals Karotten, Bohnen, Kerbel, Rosmarin, Gurken und Kohl angebaut wurden und dass man sich schon in der Veredelung von Obstbäumen versuchte. Die Hofhaltung des Adels unterschied sich deutlich von der des Volkes, denn ihm gehörten die Jagd- und Fischrechte, während die Bauern Obst und Gemüse lieferten. Auf den Küchenzetteln der Ritterzeit finden wir Forellen, Äschen, Hechte, Gans und Ente, den Krammetsvogel, Wachteln, Fasane, Rebhühner, Rehe, Wildschweine, aber auch Biber, Murmeltiere, Pfauen oder Kraniche. Die Köche hatten eine Vorliebe für Gewürze, die sie reichlich verwendeten. Vor allem waren das Pfeffer, Ingwer, Kardamon, Zimt, Nelken, Kümmel und Safran. Salz war zwar teuer, wurde aber auch benutzt. Der Hausgarten lieferte Kräuter und die beliebten Zwiebeln welche schon im alten Ägypten den Sklaven des Pyramidenbaus als Hauptnahrungsmittel dienten.

Die Zubereitung mittelalterlicher Mahlzeiten klingt für uns heute oft seltsam. Die Küchen waren sehr primitiv ausgestattet und es ist verwunderlich, dass man die aufwändigen Rezepte überhaupt kochen konnte. Im Mittelpunkt der Küche stand eine offene Feuerstelle für den Bratspieß und für einen Kochkessel. Im Mittelalter waren bei Hofe Schaugerichte populär, die etwas anderes darstellten, als sie eigentlich enthielten. Aus Pasteten flogen zum Beispiel lebende Vögel oder Hirschbraten wurde einfach aus Hecht zubereitet. In den Klöstern servierte man an strengen Fastentagen festliche Speisen in Verkleidung, um so die Regeln des Fastens zu umgehen.