Handelsvertreterrecht

Das Handelsgesetzbuch regelt das Recht einer Berufsgruppe mit besonderen Eigenschaften, die sich von denen anderer Berufsgruppen unterscheiden: dem der Handelsvertreter. Handelsvertreter sind keine Arbeitnehmer, sondern selbständige Unternehmer. Sie arbeiten für einen oder mehrere Auftraggeber und sind in Entscheidungen bezüglich ihrer Arbeitszeit und Arbeitsweise frei. Im Handelsvertretervertrag sind deshalb Aspekte und Konditionen der Vergütung, Musterüberlassung, Inkassovergütung, Bucheinsicht, und die wichtigen Kriterien der sachgerechten Kündigung beziehungsweise Beendigung eines Vertragsverhältnisses geregelt.

Je nach Vollmacht ist ein Handelsvertreter ein Vermittlungsvertreter oder aber ein Abschlussvertreter. Sie unterscheiden sich wie folgt. Ein Vermittlungsvertreter vermittelt lediglich Kundenanfragen und Angebote. Er ist nicht dazu befugt, Aufträge eigenmächtig abzuschließen. Seinem Auftraggeber bleibt es vorbehalten, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen. Im letzteren Fall hat der Vermittlungsvertreter keinen Anspruch auf eine Provision. Der Vermittlungsvertreter hat auch kein Recht auf einen Kunden- oder Bestandsschutz. Der Abschlussvertreter hingegen darf im Namen des Auftraggebers Abschlüsse tätigen. Auch er entbehrt allerdings einen Bezirksschutz. Folgeaufträge der von ihm gewonnenen Kunden werden häufig nicht mehr verprovisioniert, wenn er nicht nachweisen kann, dass sie ausschließlich auf sein Bemühen hin getätigt wurden. Bezirksvertreter als Vermittlungs- oder Abschlussvertreter genießen darüber hinaus einen Bezirksschutz. Aufträge aus ihrem Bezirk werden ihnen in jedem Fall zugeordnet und verprovisioniert. Der Handelsvertreter erhält bei einer derartigen Vertragsregelung somit eine weitreichende Existenzsicherung und Entscheidungsfreiheit. Er kann auch den Preis für ein Produkt oder eine Dienstleistung festlegen.

Ein Unternehmen, das mit Handelsvertretern arbeitet, wird also danach trachten, diesem nicht alle Macht über die Geschäftsabschlüsse zu überlassen. Im HGB sind deshalb die generellen Pflichten und Rechte eines Handelsvertreters geregelt. So muss ein Handelsvertreter beispielsweise regelmäßig Bericht erstatten über die Kunden, deren Zahlungssituation, Angebote, Aufträge und den Wettbewerb. Die Marktbeobachtung gehört ebenso wie ein seriöses Auftreten beim Kunden zu seinen primären Aufgaben. Er ist zu Vertraulichkeit und Geheimhaltung verpflichtet. Das Unternehmen wiederum muss ihn mit den entsprechenden Angaben und erforderlichen Informationen für seine Tätigkeit versehen. Preislisten, Werbedrucksachen und Konditionen müssen aktuell sein und dem Handelsvertreter zeitnah zur Verfügung stehen.

Paragraf 87 des HGB regelt den schwierigen Part der Provision, unter anderem im Falle von Insolvenz, mangelnder Zahlungsfähigkeit des Kunden, bei Reklamationen und fehlerhaften Produkten oder Lieferungen. Die Unternehmen versuchen oft, diese Probleme allein auf den Handelsvertreter abzuwälzen, indem sie keine Provision zahlen. Die Rechtsprechung jedoch stellt sich in Fällen wie verspäteter oder Schlechtlieferung sowie Retouren und Auftragsstornierung eindeutig auf die Seite der Handelsvertreter. Fälligkeiten, Vorschüsse und Skonti sind weitere Streitpunkte, die § 87 des HGB regelt.

Unternehmen, die Handelsvertreter beschäftigen, sind oft der Meinung, dass sie sich damit dem Risiko einer dauerhaften Verpflichtung wie in einem Angestelltenverhältnis entziehen. Im Gegenteil jedoch gehen sie je nach Vertragsgestaltung weitreichende Verpflichtungen ein, die auch über das Beschäftigtenverhältnis hinaus zu hohen Kosten führen können. Es empfiehlt sich daher in jedem Fall, sich fachmännisch von einem Anwalt beraten zu lassen, bevor man einen solchen Vertrag abschließt. Zu viele Unternehmen mussten bereits die schmerzhafte Erfahrung machen, welch kostspielige und langwierige Verpflichtungen gegenüber einem Handelsvertreter auf sie zukommen können.

Musterverträge aus dem Internet sind meistens so einseitig oder allgemeingültig formuliert, dass sie im Einzelfall nicht weiterhelfen. Eine professionelle Beratung durch einen Experten oder Anwalt ist daher dringend erforderlich, um Auswirkungen aller Vertragspassagen im Vorfeld genau abschätzen zu können.