Die deutsche Rechtswissenschaft kennt das Vertragsrecht nicht als eigenes, autonomes Rechtsgebiet. Dies mag schon alleine aufgrund der praktischen Bedeutung des Vertragsrechts merkwürdig anmuten. So spielen die Verträge in ihrer Vielfalt und Häufigkeit eine zentrale Rolle im modernen Wirtschaftsleben. Entsprechend stand die Forderung nach einem selbständigen Vertragsrecht in dem Mittelpunkt der Kodifikationsbewegung des 19. Jahrhunderts, der die heutige Rechtswissenschaft etwa das Handelsgesetzbuch als selbstständige Materie zu verdanken hat, und ist somit tief verwurzelt im deutschen Rechtsverständnis. Allerdings ist die moderne Lösung bei näherer Betrachtung durchaus sachgerecht. So finden Verträge heutzutage in einer kaum zu überblickenden Diversität statt. Ein gängiger Mietvertrag hat demnach kaum etwas mit einem ebenso gängigen Vertrag zur Errichtung einer Gesellschaft gemein. Würde der Gesetzgeber hier alle denkbaren Verträge zu einem Rechtsgebiet zusammenfassen, hätte dies ein juristisches Monstrum von nicht zu begreifender Komplexität zur Folge. Die logische und systemgerechte Konsequenz aus dieser Überlegung findet sich in der modernen Ausgestaltung des Vertragsrechts, insbesondere in der Technik des “vor die Klammer ziehen”. Danach regelt der Gesetzgeber allgemeine Regeln, die für alle denkbaren Vertragstypen gelten, also etwa für den Abschluss oder die Form eines Vertrages, einheitlich im Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuch. Die einzelnen Vertragstypen und ihre Sonderregeln finden sich hingegen in den Spezialgesetzen, also etwa dem Handelsgesetzbuch, dem Schuldrecht oder Gesellschaftsrecht.
Die sich hieraus ergebenden Nachteile nimmt der Gesetzgeber billigend in Kauf. Insbesondere die Unübersichtlichkeit des Vertragsrechts stellt sich dabei immer wieder als Hemmnis dar, insbesondere kleine Unternehmen oder Einzelkaufleute haben mit dem Vertragsrecht als Rechtsmaterie oftmals Schwierigkeiten. Dem entspricht der hohe Bedarf an Beratung und Rechtsbeistand in diesem Bereich. Allerdings ist die kautelarische Tätigkeit für den Juristen hier ungewohnt. Schließlich wird dieser aus der Perspektive des Richters ausgebildet, der vollständige Sachverhalte anhand der gesetzlichen Regelungen beurteilt. Hier wird der Jurist aber in der Regel bereits Sachverhaltsgestaltend tätig. So unterstützt er den Mandanten zum einen in dem Entwurf des Vertrages, also der reinen Feststellung des gewollten Inhalts. Daneben muss er aber den Vertrag auch ausgestalten. Das heißt in der Regel die Vereinbarkeit des vom Mandanten gewünschten Gestaltungserfolgs mit den strengen juristischen Formvorschriften und der umfangreichen Rechtsprechung zu den Grenzen der vertraglichen Gestaltungsfreiheit zu suchen. Daneben muss er aber auch die richtige Formulierung finden, um die gewünschte Gestaltungswirkung hinreichend zu ermöglichen.
Insofern sind auf dem Gebiet der vertraglichen Gestaltung ausnahmslos Spezialisten in den bestimmten Rechtsgebieten tätig. So benötigt die sachgerechte vertragliche Gestaltung etwa auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts zum einen umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet des materiellen Rechts und der entsprechenden Rechtsprechung sowie zum anderen ebenso umfangreiche Kenntnisse in den Techniken der Vertragsgestaltung. So muss bei dieser auch wiederum eine gesonderte Rechtsprechung beachtet werden, die zum einen die Grenzen der freien Gestaltung normiert und zum anderen Anforderungen an eben diese Gestaltung stellt, die im Gesetz nicht niedergelegt sind. Der Laie ist also mit einer solchen Gestaltung regelmäßig überfordert. Dies mag vielleicht nicht für einen simplen Kaufvertrag gelten, aber bereits bei gesonderten sachenrechtlichen Gestaltung kann eine Unsicherheit vorkommen. Gemessen an dem Ziel eines Vertrages, der Rechtssicherheit über einen langen Zeitraum, kann eine solche Unsicherheit aber fatale Wirkungen nach sich ziehen. Dies kann bis zu einer vollständigen Unwirksamkeit des Vertrages reichen.