Jugendstrafrecht

Die Geschichte des Jugendstrafrechts ist sehr lang und kam bereits in der Antike zur Anwendung, da man damals bereits eingesehen hat, dass Kinder anders zu bestrafen sind als Erwachsene. 1908 wurde in Deutschland das erste Jugendgericht eingesetzt und vier Jahre darauf wurde das erste Jugendgefängnis errichtet. 1923 trat das erste Jugendgerichtsgesetz (JGG) in Kraft, welches aber im Dritten Reich stark abgewandelt wurde. Das heute noch verwendete JGG trat 1953 in Kraft auf der Basis des JGG von 1923.

Nach heutiger Gesetzgebung gelten unter 14-Jährige als Kinder und sind damit strafunmündig. Sie warden demnach nicht strafrechtlich verfolgt oder gar abgeurteilt. Für Erwachsene hingegen gilt das allgemeine Strafrecht. In der Zeit dazwischen, also im Alter zwischen 14 und 17 Jahren, kommt das JGG uneingeschränkt zur Anwendung. Im Fall von Heranwachsenden zwischen 18 und 20 Jahren gelten die zentralen Normen des Jugendstrafrechts nach Maßgabe der §§ 105 ff. Hierbei wird der Reifegrad des Täters zur Tatzeit geprüft und ob das Jugendstrafrecht gegen ihn angewendet werden kann. In der Praxis wird aber häufig das Jugendstrafrecht angewendet, besonders bei schweren Straftaten. Allerdings gibt es eine Sonderregelung, wenn Taten in verschiedenen Reifezuständen von einem Täter begangen wurde, beispielsweise eine im Jugendalter und eine als Erwachsener. Dabei muss entschieden werden, ob man den Delinquenten einheitlich mit Jugend- oder einheitlich mit Erwachsenenstrafrecht abstraft. Damit soll verhindert werden, dass sich an eine Jugendstrafe eine Freiheitsstrafe anschließt. Dies wird damit begründet, dass Jugend- und Freiheitsstrafen zwei unterschiedliche und nicht miteinander kompatible Strafübel sind.

Typische Jugenddelikte sind Diebstahl in Form von Ladendiebstahl, Körperverletzungen, Beförderungserschleichungen sowie Sachbeschädigungen aufgrund von Graffiti oder ähnlichem. Immer häufiger tritt aber auch das Phänomen des “Abrippens” auf Schulhöfen und -wegen in Erscheinung. Von den Tätern als Bagatelle abgetan, stellt es strafrechtlich gesehen Raub und Erpressung gegen Mitschüler dar, um an Handys, Zigaretten oder Bargeld zu kommen. Ab und an verüben Jugendliche auch erwachsenentypische Straftaten wie Betrug oder Eingriffe in den Straßenverkehr. Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz stellen auch keine Seltenheit mehr dar.

Im Fall von Sanktionen werden drei Gruppen unterschieden: Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Jugendstrafe. Die Wahl richtet sich Hierbei nach der Schwere der Tat, der Persönlichkeit des Täters sowie der Erfolgschance auf Resozialisierung. Kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht, entscheidet man sich in aller Regel für die, welche den geringsten Eingriff in das Leben des Delinquenten darstellt. Sehr oft werden gegen die jugendlichen Täter Arbeitsstunden in gemeinnützigen Einrichtungen verhängt. Verfügen sie über ein eigenes Einkommen, so kann dies zu einer teilweisen Schadenswiedergutmachung führen. Arrest wird häufig dann verhängt, wenn die Tat besonders schwer war oder es sich bei dem Jugendlichen um einen Wiederholungstäter handelt. Oftmals wird aber eine Einstellung des Verfahrens in Erwägung gezogen, da meist schon die Androhung eines Strafverfahrens genügt, dem Jugendlichen seine Verfehlung vor Augen zu führen.

Ein Jugendstrafverfahren findet innerhalb des Strafrechtszweiges der ordentlichen Gerichtsbarkeit statt. Grundsätzlich ist Hierbei das StPO gültig, es herrschen aber starke Abweichungen zum Erwachsenenstrafrecht. Zuständig für derlei Verfahren sind Jugendgerichte, die Allerdings nicht als eigenständige Gerichte fungieren sondern als Abteilungen von Amtsgerichten und Kammern der Landgerichte. Für die Belange der Jugendlichen sind spezielle Jugendrichter verantwortlich sowie Jugendrechts- und Jugendstaatsanwälte. Besonderes Element bei einem Jugendstrafverfahren ist die sogenannte Jugendgerichtshilfe. Sie ist ein besonders Organ zur “Vertretung der erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte” und ist fest in das Verfahren eigebunden. Ihre Aufgabe ist es, Richter und Anwälten zu helfen, die Persönlichkeit des Beschuldigten zu erforschen, insbesondere bei der Feststellung seines Reifegrades aber auch die Begleitung des Jugendlichen während des Verfahrens. Bei Verfahren gegen Jugendliche ist die Öffentlichkeit komplett ausgeschlossen, bei solchen gegen Heranwachsende jedoch nicht. Gibt es ein Verfahren gegen Heranwachsende und Jugendliche gemeinsam, so ist die Öffentlichkeit zum Verfahren zugelassen.