Fachanwälte

Der Fachanwaltstitel wird Rechtsanwälten offiziell von der für den fraglichen Bezirk zuständigen Rechtsanwaltskammer verliehen. Fachanwalt kann dabei nur derjenige werden, der bereits seit mindestens drei Jahren als Rechtsanwalt praktiziert und der den Nachweis besonderer theoretischer und praktischer Kenntnisse des jeweiligen juristischen Spezialisierungsgebiets erbringen kann; als theoretischen Nachweis muss der jeweilige Rechtsanwalt an einem 120-stündigen Fortbildungskurs teilnehmen und drei mehrstündige, schriftliche Klausuren ablegen. Zum praktischen Nachweis genügt es, eine bestimmte Anzahl juristischer Fälle des jeweiligen Spezialisierungsgebiets pro Jahr bearbeitet zu haben.

Einen Fachanwaltstitel kann man als Rechtsanwalt in den unterschiedlichsten juristischen Bereichen erlangen, beispielsweise im Steuer-, Straf-, Arbeits-, Bau-, Architekten-, Medizin- und Erbrecht. Neben diesen und eher “klassischen” Rechtsgebieten, wie beispielsweise dem Insolvenz- und Verwaltungsrecht, kann man auch in neueren Rechtsgebieten den Fachanwaltstitel erwerben, etwa in Medien- und Informationstechnologierecht. Zuletzt wurde zum 1. Januar 2008 auch der Fachanwaltstitel für das Banken- und Kapitalmarktrecht eingeführt.

Kernpunkte der Tätigkeit eines Fachanwalts ist die rechtliche Vertretung, Beratung und im Falle eines Prozesses Verteidigung des Mandanten des Fachanwalts. Beispielsweise vertritt ein Fachanwalt, je nach juristischen Spezialisierungsbereich, seinen Mandanten im Umgang mit staatlichen Behörden, etwa dem Finanzamt. Ist der Mandant eines Fachanwalts ein Unternehmen, berät er das Unternehmen zum Beispiel in Fragen des Patentrechts. Je nach Spezialisierungsgebiet nimmt ein Fachanwalt jedoch auch bei Verhandlungen zwischen Unternehmen teil, unterstützt seinen Mandanten beim Entwurf, der Ausarbeitung und der Aushandlung von Verträgen und vertritt in einigen Fällen seinen Mandanten in der Öffentlichkeit, beispielsweise vor der Presse. Ein Hauptaugenmerk der Tätigkeit eines Fachanwalts bezieht sich jedoch auch darauf, die Wünsche seines Mandanten und Sachverhalte, die den Mandanten betreffen, auf ihre juristische Richtigkeit oder Durchführbarkeit zu überprüfen. Die Bezahlung eines Fachanwalts richtet sich, insbesondere bezüglich außergerichtlicher, d.h. juristisch beratender Tätigkeit, nach dem zwischen Anwalt und Mandant vereinbarten Honorar, das beispielsweise ein Zeit- oder ein Pauschalhonorar sein kann.

Durch ihre juristische Spezialisierung stehen Fachanwälten eine Vielzahl möglicher Beschäftigungsverhältnisse offen. Sie können sowohl in Rechtsanwaltskanzleien arbeiten, als auch in Rechtsabteilungen öffentlicher Verwaltungsbehörden, bei Versicherungen, Gewerkschaften, Berufs- und Wirtschaftsverbänden, Banken und Kreditinstituten und in Unternehmen der freien Wirtschaft.

Eine juristische Spezialisierung und in deren Zuge der Erwerb eines Fachanwaltstitels gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dies liegt vor allem am sektorialen Strukturwandel der Bundesrepublik Deutschland. Seit 1950 ist der Beschäftigtenanteil des bundesdeutschen Dienstleistungssektors von 33% auf ca. 72% im Jahre 2005 angestiegen. Das entspricht einem Anteil des Dienstleistungssektors an der Bruttowertschöpfung von knappen 69,8% (für das Jahr 2004). Diese Daten zeigen, dass sich der Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft bereits in vollem Laufe vollzieht und dass gleichzeitig, bei zunehmender Komplexität und Spezialisierung seitens der Unternehmen, Anwälte und juristische Berater, die sich auf ein bestimmtes Rechtsgebiet spezialisiert haben, vermehrt benötigt werden.