Anwaltskanzleien

Als Anwaltskanzlei bezeichnet man das Büro oder den Sitz eines selbstständigen Rechtsanwalts. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen Einzelanwalt ohne Angestellte oder um eine große Sozietät mit mehreren Anwälten handelt. Der Begriff alleine sagt noch nichts über die Größe des Anwaltsbüros aus. Die Entwicklung geht aber klar zu größeren Einheiten. Inzwischen verzeichnet die Bundesrechtsanwaltskammer sogar schon mehr als 300 Rechtsanwalts-GmbHs. Im Wesentlichen sind drei Entwicklungen für den aktuellen Wandel der Anwaltskanzleien verantwortlich: die Zunahme der Möglichkeiten, Fachanwaltsprüfungen in ganz speziellen Rechtsgebieten abzulegen, die zunehmende Lockerung der werblichen Restriktionen und schließlich die schleichende Aufweichung des Rechtsberatungsmonopols.

Die Rechtsgebiete in der juristischen Landschaft werden immer komplexer. Man kann den Wandel des gesellschaftlichen Bildes des Rechtsanwalts mit dem Wandel des Berufsbildes des Arztes vergleichen. Der universelle Rechtsanwalt, der ähnlich wie ein Hausarzt erster Ansprechpartner in allen juristischen Fragestellungen ist, tritt immer mehr in den Hintergrund. Wer sich scheiden lassen möchte, sucht ganz selbstverständlich einen Fachanwalt für Familienrecht auf. In Fragen des Kündigungsschutzes stehen natürlich Fachanwälte für Arbeitsrecht hoch im Kurs. Für fast alle Rechtsgebiete bieten mittlerweile Fachanwälte ihre Dienste an. Um eine entsprechende Fachanwaltsprüfung ablegen zu können, müssen die Rechtsanwälte innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine bestimmte Anzahl von Fällen in diesem Fachgebiet bearbeitet haben. Allein praktizierende Anwälte haben nur selten die Möglichkeit, die geforderten Fallzahlen zu erreichen. In größeren Anwaltskanzleien mit mehreren Rechtsanwälten ist dies jedoch wesentlich leichter. Aufgrund der größeren Zahl der in diesen Kanzleien anfallenden Fälle werden hier die fachspezifischen Mandate mehrerer Anwälte gebündelt.

Lange Zeit galt für Anwaltskanzleien ein striktes Werbeverbot. Die Kollegen selbst und natürlich die Rechtsanwaltskammern wachten peinlich darüber, dass dieses Verbot auch eingehalten wurde. Inzwischen ist zu beobachten, dass die Verbotsregeln immer mehr aufgeweicht werden. Die Homepage für Anwaltskanzleien ist mittlerweile ebenso selbstverständlich wie die PR-Anzeige in den Tagesmedien. Anwälte geben online Auskunft und stehen in Zeitungsartikeln als Ratgeber zur Verfügung. Da dürfen natürlich Imageprospekte und eine einheitliche Werbelinie nicht fehlen. Es versteht sich von selbst, dass zusätzliche werbliche Maßnahmen die Fixkosten der Anwaltskanzleien in die Höhe treiben. Diese Entwicklung begünstigt den Zusammenschluss mehrerer Anwälte in einer Gemeinschaftskanzlei. Dadurch können die Fixkosten auf mehrere Schultern verteilt werden.

Wie ein Damoklesschwert schwebt über dem Berufsstand der Rechtsanwälte die Gefahr der Aufhebung des Rechtsberatungsmonopols. Schon jetzt gehen Steuerberater und Unternehmensberater dazu über, in bestimmten Fragen rechtliche Auskünfte zu geben. Anwälte sind nicht mehr der erste Ansprechpartner in unternehmensrechtlichen Fragen. Unternehmensberater und Steuerberatungskanzleien erledigen über angestellte Rechtsanwälte diese Aufgaben mit. Die Rechtsanwaltskanzleien reagieren und verändern ihr Bild. Die Kanzleien werden größer und stellen Steuerexperten und kaufmännische Fachleute ein. Dadurch werden die Anwaltskanzleien immer mehr zu universellen Dienstleistern und Beratungsunternehmen.