Fahrlässigkeit

Für die verschuldensabhängige Haftung, die für fast jeden Schadensersatzanspruch benötigt wird, muss dem Gegner ein schuldhaftes Verhalten nachgewiesen sein. Er muss also die, den Schadensersatzanspruch auslösende Handlung zu vertreten haben. Dies können nach § 276 Abs. 1, Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sowohl Vorsatz, als auch Fahrlässigkeit sein. Vorsätzlich handelt die Person, die mit Wissen und Wollen handelt. Es muss dem möglichen Schädiger also bewusst sein, dass er eine schadensersatzpflichtige Handlung begeht.

Die erste Begriffsbestimmung der Fahrlässigkeit findet sich in § 276 Abs. 2 BGB. “Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.” Fahrlässigkeit bestimmt sich also nach der gebotenen Sorgfaltspflicht. Der Sorgfaltsmaßstab ist dabei immer ein subjektiver, der sich nach den Fähigkeiten und Kenntnissen der jeweiligen Person richtet. An einen Computerexperten können bei der Reparatur eines Laptops höhere Anforderungen gestellt werden, als an einen Schüler.

Bei der Fahrlässigkeit lassen sich drei Bereiche abgrenzen, die grobe (sog. “culpa lata”) , die normale und die leichte Fahrlässigkeit. Grob fahrlässig handelt, wer eine Gefahr nicht erkennt, obwohl diese jedem vernünftig Denkenden in der gleichen Situation aufgefallen wäre. Als einfaches Beispiel kann hier das Überholen im dichten Nebel herangezogen werden.

Leichte Fahrlässigkeit wiederum setzt einen Sorgfaltsverstoß voraus, der aber für sich genommen kaum ins Gewicht fällt. Haftet der Schuldner nur für die Sorgfalt, die er in eigenen Angelegenheiten gewöhnlich an den Tag legt, so ist damit im Regelfall leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen.

Das deutsche Strafrecht wiederum geht von einem anderen Fahrlässigkeitsbegriff aus. Im Strafrecht ist nach § 15 Strafgesetzbuch (StGB) vorsätzliches Handeln immer strafbar, Fahrlässigkeit hingegen muss ausdrücklich genannt sein. Deswegen ist ein fahrlässiger Diebstahl (beispielweise eine Kofferverwechselung am Flughafen) auch nicht strafbar.

Die genaue Definition der Fahrlässigkeit im Strafrecht ist an die des Zivilrechtes angelehnt, die Prüfung erfolgt in zwei Schritten: 1. Der Beschuldigte muss eine objektive Sorgfaltspflicht verletzt haben, 2. dies muss ihm auch erkennbar gewesen sein.

Im Strafrecht wird speziell nach bewusster (sog. “luxuria”) und unbewusster (sog. “negligentia”) Fahrlässigkeit unterschieden. Bewusst fahrlässig handelt, wer zwar die Gefahr erkennt, sich aber in der Hoffnung es möge alles gut ausgehen, darauf einlässt. Die bewusste Fahrlässigkeit steht in engem Zusammenhang zum Vorsatz in der Form des bedingten- oder Eventualvorsatzes, dabei kennt der Täter die Gefahr, nimmt sie billigend in Kauf und tut nichts, um das Risiko des Schadenseintritts möglichst gering zu halten.

Bei der unbewussten Fahrlässigkeit sieht der Beschuldigte die Gefahr nicht, hätte sie aber, hätte er alle seine Fähigkeiten bestmöglich eingesetzt, erkennen können. Daneben verlangt das StGB für einige Delikte, etwa Raub mit Todesfolge - § 251 StGB, Leichtfertigkeit. Diese entspricht in etwa der groben Fahrlässigkeit im Zivilrecht. Es handelt sich also um eine schwere Sorgfaltspflichtverletzung.

Da der Täter bei Fahrlässigkeitsdelikten nicht willentlich oder bewusst gegen die Rechtsordnung verstößt, sondern nur der Verstoß mit mehr Anstrengung hätte verhindern können, sind die Strafen für Fahrlässigkeitstaten deutlich geringer als für Vorsatzdelikte. Zwar gebietet Art. 2 I, 1 I Grundgesetz (GG) die Strafbarkeit der fahrlässigen Körperverletzung und Tötung, allerdings dürfen diese Strafbarkeiten nicht unermesslich ausgedehnt werden. Hier kommt es auf eine wirksame Begrenzung des Fahrlässigkeitsmaßstabes an. Die wichtigsten Straftaten, für die keine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit besteht sind neben dem Diebstahl (s.o.), die Sachbeschädigung, die Unterschlagung, die Nötigung und die Freiheitsberaubung.