Jeder kennt Comics. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert trat die gezeichnete Bildserie seinen Siegeszug um die Welt an. Berühmte Comichelden wie Donald Duck, Batman und Superman wurden erschaffen. Von der kleinen Rubrik in einer Tageszeitung über ganze Comicbände trifft man vielerorts auf gezeichnete Bildfolgen. Eine Variante davon ist der sogenannte Fotocomic, das nach demselben Prinzip aufgebaut ist, wie ein gezeichneter Comic, aber aus Fotografien besteht. Fotocomics sind Abfolgen von Fotos, die einen Vorgang beschreiben oder eine Geschichte erzählen. Die meisten Fotocomics enthalten Text. Dieser steht entweder als Erzähltext über oder unter den Bildern oder als wörtliche Rede in Sprechblasen im Bild. Bei den Figuren auf den Fotos handelt es sich, anders als bei herkömmlichen Comics, nicht um gezeichnete oder fiktive Figuren, sondern um fotografierte Lebewesen oder Dinge. Diese sind meist gestellt und als sogenannte Serie fotografiert, ähnlich wie bei einem Film.
Der Fotocomic bildet deswegen den Übergang zwischen stehendem und laufendem Bild. Man könnte sagen, der Fotocomic ist das Bindeglied zwischen einem Foto und einem Film. Während ein Foto rein auf den visuellen Nerv des Betrachters abzielt und eine Momentaufnahme ist, spiegelt der Film optisch und akustisch einen Vorgang wieder. Die Mischung dieser beiden Medien ist der Fotocomic. Die ersten Fotocomics wurden im Laufe der 1980er Jahre in Tageszeitungen und Zeitschriften veröffentlicht. Dabei wurden beliebte Filme oder Serien in manchen Printmedien ausschnittsweise als Fotocomics abgedruckt. Das hatte zum einen das Ziel, die Anhängerschaft der Serie zu unterhalten, was als Verkaufsargument für die veröffentlichende Zeitung oder Zeitschrift zu werten ist. Zum anderen sind Fotocomics auch Ausschnitte von Serien oder Filmen, die beim Leser Lust auf mehr machen. Hierbei verbindet man mit dem Abgedruckten also einen gewissen Werbeeffekt für das Dargestellte.
Die Fotocomics zu Kino-Kassenschlagern wie “Star Wars” und “Winnetou” in der Fernsehzeitung “Gong” sind heute noch legendär. Viele Jugendzeitschriften verwenden Fotocomics als Stilmittle um ihren Lesern realistische Geschichten zu erzählen. Dabei sind sie fast ausschließlich an die Thematik Liebe und Sexualität gebunden. Daraus könnte man im Rückschluss auf die Zielgruppe dieser Zeitschriften schließen. In einer, vom Fernsehen geprägten Gesellschaft mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne, sollen Fotocomics das veranschaulichen, was ein Text nicht schafft.
Das Sprichwort “ein Bild sagt mehr als tausend Worte” wird beim Fotocomic umgesetzt und dient der Vereinfachung komplexer Inhalte. Für den Leser ist es alle Mal einfacher einen Fotocomic zu betrachten als einen längeren Text zu lesen. Der Abdruck von Fotocomics ist ein Versuch der Printmedien, sich den massentauglicheren Medien Film und Fernsehen anzunähern bzw. sie zu kopieren. Darüber hinaus existiert auch die anspruchsvolle Form des Fotocomic-Romans. Diese Gattung fristet allerdings ein Schatten Dasein, da sie aufwendig zu produzieren ist, aber wegen Film und Fernsehen keine entsprechende Zielgruppe hat.