Anime

Da Anime kein Genrebegriff ist, sondern zur geografischen Differenzierung dient, umfasst der Begriff alle Trickfilme, die von japanischen Firmen prodziert werden. Vor den USA ist Japan weltweit größter Produzent und Konsument von Anime. Ein Dutzend großer Studios versorgt den Weltmarkt seit Ende der 1950er Jahre. Die Vormachtstellung hat zwei Gründe: Japanische Anime-Zeichner sind kreativ - und billig. Das Spektrum der Themen von Anime ist in Japan selbst sehr viel größer, als es in den Filmen und Serien zu sehen ist, die dort für das Kino und Fernsehen im Ausland hergestellt werden. Im Gegensatz zu Zeichentrickfilmen der westlichen Kultur, wurden Anime in Japan bereits seit den 1950er Jahren genauso selbstverständlich für Erwachsene wie für Kinder produziert. Dies erklärt, warum ihnen in Japan ein höherer kultureller Wert beigemessen wird als im Westen. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich Anime immer weiter spezialisiert und bedienen heute thematisch so gut wie alle Interessen. Von Kindermärchen über Horror und Pornographie bis hin zu Umsetzungen politischer und historischer Sachverhalte wie etwa in “Das Tagebuch der Anne Frank”. Anders als in westlichen Zeichentrickserien für Kinder, weisen Anime in Japan durchaus auch realistische, mitunter drastische Szenen von Gewalt und Erotik auf.

Der deutsche Markt wurde seit dem ersten Anime im Kino 1961 mit reinen Kinderserien wie “Wicki und die starken Männer” oder “Die Biene Maja” in den 1970er Jahren bedient. Der Grund dafür lag darin, dass der erste Anime “Speece Racer”, der 1971 für das Fernsehen angekauft worden war, wegen öffentlichen Protesten abgesetzt wurde. Erst mit dem Aufkommen des Privatfernsehens schafften es Anime für Jugendliche und Erwachsene wieder ins Programm von Musik- und Unterhaltungssendern für ein jüngeres Publikum. Seit Ende der 1990er Jahre wurden “Dragonball” und “Sailor Moon” für dieses Publikum zu Serien mit Kultstatus. In Deutschland befasst sich seit dem Jahre 1994 das Fachmagazin AnimaniA mit den Produkten und den jeweils neuesten Entwicklungen des Genres. Zu diesem Zeitpunkt begannen sich in Deutschland auch die ersten Anime-Conventions zu etablieren. Anime-Fans haben sich außerdem in Vereinigungen wie dem “Sailor Moon online Fanclub” oder anderen zusammengefunden. Das größte europäische Treffen von Liebhabern der Anime gab es im Jahre 2007 in Paris mit über 70.000 Teilnehmern. Vor Spanien gilt Frankreich als das Land mit der größten Anhängerschaft von Anime in Europa.

Im deutschen Kino liefen fast drei Dutzend für kleinere Kinder konzipierte Anime, von denen die “Pokémon”-Trilogie mit am erfolgreichsten war. Der Anime “Chihiros Reise ins Zauberland” wurde im Jahre 2002 für seine cineastischen Qualitäten mit dem Goldenen Bären prämiert und schaffte es auf diese Weise, als kulturell wertvoller Anime anerkannt zu werden. Die größten Kassenschlager finden ihren Weg in der weiteren Verwertungskette der Studios auch als Computerspiel oder Konsolenspiel. Kaum ein Dutzend japanische Unternehmen teilen sich den Anime-Markt der Welt und bringen jedes Jahr allein in Japan an die 200 Serien mit jeweils bis zu 52 Folgen heraus. Der weltweite Umsatz der Anime-Industrie beläuft sich auf beinahe 100 Milliarden Euro.