Wer schon einmal in einem Callcenter hinter die Kulissen schauen durfte, der hat schnell festgestellt, dass man dort kaum einmal einen Mitarbeiter sieht, der eine Rufnummer von Hand anwählt. Doch wie ist das möglich, wo hier doch ständig telefoniert wird? Das Geheimnis liegt darin, dass in einem Callcenter Voice over IP Technologie genutzt wird. Diese hat nicht nur den Vorteil, dass man gegenüber der herkömmlichen Festnetztelefonie kräftig an der Kostenschraube drehen kann, sondern hier kommen einige Vorteile zum Tragen, die sich durch den Einsatz von Software Telefonanlagen mit besonderen Funktionen ergeben. Dazu gehören neben der automatischen Verteilung der eingehenden Anrufe nach genau vorgegebenen oder mittels Spracherkennung abgefragten Kriterien an die einzelnen Mitarbeiter auch computergestützte Wählsysteme. Diese nutzbringende Zusammenarbeit zwischen Telefonanlage und Computer wird in der Fachsprache auch kurz als TAPI Schnittstelle bezeichnet.
Zu den besonderen Funktionen einer Callcenter Telefonanlage gehört auch der sogenannte Power Dialer. Dabei handelt es sich um eine spezielle Form des automatischen Anwahlsystems. Der Mitarbeiter, der sein aktuelles Kundengespräch beendet hat, meldet dabei der steuernden Software Rufbereitschaft. Sobald ein solches Signal beim Power Dialer eingeht, wählt dieser automatisch den nächsten fälligen Eintrag aus der Datenbank an. Kommt das Gespräch zustande, stellt er es an den jeweiligen Mitarbeiter durch. Parallel dazu erteilt der dessen Computer den Befehl, die dazu gehörigen Kundendaten aufzurufen. So hat der Berater schon während des Wahlvorgangs die Chance, einen Blick auf die jeweiligen Besonderheiten des Kunden zu werfen und nachzuschauen, wo er den Schwerpunkt bei der aktuellen Produkt- oder Leistungsberatung legen muss.
Wenn der Power Dialer erkennt, dass die Rufnummer nicht mehr existiert oder nicht vollständig ist, wird sie automatisch aus der Datenbank entfernt oder spezifisch gekennzeichnet. Sind Anwahlvorgänge nicht erfolgreich, weil der Anschluss besetzt ist oder niemand abnimmt, legt er den Vorrang automatisch auf Wiedervorlage. Das bedeutet, dass nach einem bestimmten zeitlichen Intervall eine erneute Kontaktaufnahme versucht wird. Das tut der Power Dialer entweder so lange, bis ein erfolgreiches Gespräch zustande gekommen ist oder der Administrator im signalisiert, dass die aktuelle Werbemaßnahme oder Umfrage abgelaufen ist. Das führt zur kompletten Leerung des Ordners Wiedervorlage.
Der Power Dialer steht als Anwendung in den unterschiedlichsten Formen zur Verfügung. Er kann als Einzelplatzlösung genauso gut angewendet werden wie als Applikation auf einem Server, an den ein größeres Netzwerk angeschlossen ist, von dem aus mit Voice over IP telefoniert wird. Das automatische Wählsystem Power Dialer arbeitet dabei in zwei Richtungen, denn einerseits muss er von den im Netzwerk angemeldeten Rechnern Befehle entgegen nehmen und ihnen Befehle erteilen können, um die jeweiligen zum Kunden gehörenden Datensätze anzeigen zu lassen, und andererseits muss er mit der als PBX alias Private Branch Exchange bezeichneten Telefonanlage des Callcenters zusammenarbeiten können. Die Telefonanlage ist aus Kostengründen über mehrere Breitbandanschlüsse wie DSL 16.000 mit dem Internet verbunden, um die erforderlichen Kapazitäten so kostengünstig wie möglich bereitstellen zu können. In einem Callcenter geht man nicht wie bei anderen Unternehmen von einem durchschnittlichen Telefonieverhalten in Spitzenzeiten aus, sondern muss so viele Leitungen bereitstellen, wie Mitarbeiter tätig sind.